«Es ist nicht perfekt!»

«Es ist nicht perfekt!»

Perfektionisten haben hohe Ansprüche, an sich selbst und an anderen. Bis zu einem gewissen Grad ist das in Ordnung, denn sie können grossartige Leistungen erbringen, ihre Ziele erreichen und Erfolg haben. Denken wir zum Beispiel am Ingenieurwesen oder an Berufssport. Es gibt also Vorteile in vielen Lebensbereichen, wenn man die Perfektion anstrebt.

Wo ist also das Problem? Perfektionismus hat auch eine Kehrseite. Zuviel davon kann negative Auswirkungen auf das Leben haben. Wenn eine Person nicht nur nach Vollkommenheit strebt, sondern den Zwang spürt, Fehler zu vermeiden und kann nicht loslassen, bis alles perfekt ist, dann könnte es sich um ein ungesundes Perfektionsstreben handeln. Typische Zeichen sind u.a. Stress, Streitanfälligkeit, depressive Verstimmungen, Kritikunfähigkeit, grosse und anhaltende Unzufriedenheit bei eigenen Fehlern, Unfähigkeit sich zu entspannen vor der ganzen oder perfekten Erledigung einer Sache, Fokus auf Fehler/Makel statt Freude auf was erreicht wurde.

Studien zeigen, dass Perfektionismus zum Teil zu der Persönlichkeit gehört, ist also zum Teil angeboren. Es ist aber auch bewiesen, dass es ein Zusammenhang zwischen Perfektionismus und Erziehung gibt. Hinter einem geprägten Perfektionismus steckt die seelische Wunde der Ablehnung oder der Ungerechtigkeit, die in der Kindheit entstanden ist. Möglicherweise wurde das Kind nur in Situationen gelobt, in denen es sich nach gewissen Regeln verhielt. Das Kind erwartet immer mehr von sich selber und geht über seine Limiten, denn es glaubt, nie gut genug zu sein. Es will perfekt sein oder alles perfekt machen, um sich geliebt und akzeptiert zu fühlen.

Vor Jahren, als ich in einer Wohnung mit Garten wohnte, nahm ich mir Zeit am Wochenende, den Rasen und alle Pflanzen zu pflegen. Obwohl ich stundenlang daran arbeitete, war ich nie zufrieden. «Es sieht aus, als ob ich nichts gemacht hätte», «Es reicht nicht, ich muss mehr machen», «Es ist nicht fertig, es gibt noch so viele Pflanzen, die zurückgeschnitten werden müssen», «Es ist nicht perfekt». Ich war erschöpft von den endlosen Gartenarbeiten und unglücklich. Bis ich merkte, dass ich in die Perfektionismus-Falle geraten war. Ich konnte das Thema fachlich bearbeiten und eines Tages meinen Garten endlich geniessen, auch wenn nicht alle Arbeiten erledigt waren.

Du denkst, du bist vielleicht selber von Perfektionismus betroffen oder du merkst bereits entsprechende Probleme im Leben? Die gute Nachricht ist: Es gibt Lösungen. Du kannst zunächst üben und lernen

  • einen gesunden Umgang mit Fehlern zu pflegen
  • dass du liebenswert bist, auch wenn du etwas nicht perfekt machst oder wenn du nicht perfekt bist
  • dich ohne schlechtes Gewissen zu entspannen
  • deine Ansprüche herunterzuschrauben
  • mit positiven Affirmationen deine Gedanken neu zu beeinflussen

Es ist empfehlenswert, sich eine fachliche Hilfe zu holen, damit man gezielt begleitet ist – es gibt dabei nichts zu verlieren, sondern nur Vorteile.

Weil das Unterbewusstsein eine grosse Rolle bei dem Thema Perfektionismus spielt, eignet sich meiner Meinung nach am besten die aufdeckende Hypnose als Methode, um effizient und rasch an die Ursachen zu gehen. Das Ziel: mehr Zufriedenheit durch mehr Gelassenheit und neue Perspektiven.

Wirst du danach weiterhin Genauigkeit und Perfektion anstreben? Vielleicht. Aber auf jedem Fall in einem neuen, gesunden und glücklichen Masse.

Text von: Tanya Loringett